Hitze, Arbeit, Leben - Ein Einblick
„Es ist so heiß!“
ist wohl der Satz, den ich hier in Deutsch, Englisch und selbst in
Tonga (kulapya!) am öftesten gebrauche. Weil wir gerade mitten in
der Trockenzeit stecken, klettern die Temperaturen zur Zeit auf
mitunter bis zu 40°C. Als es letzte Woche nach einigen Tagen Wolken
am Himmel tatsächlich einen Regenschauer gab, dachten Susanne und
ich der Beginn der Regenzeit hätte sich angekündigt und die Zeit
des Schwitzens wäre vorbei. Nachdem wir dennoch unsere Kollegen
gefragt haben, ob es denn jetzt wirklich endlich kühler würde,
meinten sie, dass kleine Schauer selten mal vorkommen, aber es ab
jetzt nur noch heißer wird.
Das Beeindruckende
sind vor allem die Menschen, die hier weiterhin in der brütenden
Hitze ihre Arbeit verrichten, mit dem Fahrrad große Säcke voll
Mealie meal (Das Mehl, mit dem man Nshima zubereitet) oder Kohlen
durch die Gegend fahren und genauso wie vorher arbeiten, nur ein
wenig gemächlicher.
Und auch Susanne und
ich haben Einiges, das getan werden muss. Auch wenn man das Bedürfnis
verspürt, alle 5 Minuten unter die Dusche zu hüpfen und die Hitze
einen auf eine latente Weise in einen Schleier der Müdigkeit hüllt,
gehen wir regelmäßig ins Jugendzentrum.
In meinem letzten
Eintrag hatte ich ja von unserem Schulbesuch erzählt; und er war
tatsächlich erfolgreicher, als wir es uns hätten erträumen können:
Während bei unseren sonstigen Treffen zwischen 25 und 50 Kindern
anwesend waren, kamen doch an einem Tag 120 Kinder. Dankbarer Weise
war Doris, eine junge Frau und unsere Nachbarin, auch im
Jugendzentrum und konnte mit den Kindern auf Tonga reden.
Da dieser Tag
wirklich sehr chaotisch war und wir nicht auf die Bedürfnisse so
vieler Kinder verschiedenster Altersgruppen auf einmal eingehen
können, haben wir uns am nächsten Tag zusammen mit Doris Gedanken
zu neuen Strukturen gemacht. Dabei kam auch der Wunsch auf, dass die
älteren Jugendlichen einen Tag bekommen, an dem Raum für Gespräche
und Schach spielen ist.
Wir haben die
verschiedenen Öffnungstage nun nach Altersgruppen sortiert, und das
funktioniert auch mal mehr, mal weniger gut. Den Donnerstag haben wir
für 14 – 17 Jährige festgelegt, da an dem Tag die meisten von
ihnen Zeit finden. Schwierig ist es nur, den Kindern diese Änderung
zu erklären, die bisher noch jeden Donnerstag jubelnd unsere Ankunft
erwarten und denen wir jedes Mal aufs Neue erklären, dass das
Jugendzentrum heute nicht für sie geöffnet ist.
Aber abgesehen davon
scheinen sich unsere Neuerungen gut zu etablieren, und auch in den
späteren Abenden am Donnerstag besuchen nun einige ältere
Jugendliche im Alter von 18 – 23 Jahren das Jugendzentrum, was
ziemlich cool ist. Einige von ihnen haben schon Interesse bekundet,
mit uns zusammen im Jugendzentrum zu arbeiten und Aktionen mit den
Kindern durchzuführen.
Da Doris jetzt auch
seit einiger Zeit weggegangen ist und es eher unwahrscheinlich ist,
dass sie wieder zurückkehrt, tut es gut, den Kontakt durch das
Jugendzentrum mit den Älteren zu haben.
Zum Genderprojekt,
zu dem das Jugendzentrum auch gehört, zählen für uns aber noch
andere Aktivitäten. Dreimal schon waren wir jetzt Teil der
sogenannten „Follow-ups“, bei denen wir uns im Rahmen unseres
Genderprojekts mit Schülerinnen und deren Eltern zusammengesetzt
haben, die seit einiger Zeit nicht mehr in die Schule gehen. Wir
haben über die unterschiedlichen Gründe für ihre Abwesenheit
gesprochen und dabei war es häufig durch eine kurz bevorstehende
oder gerade beendete Schwangerschaft bedingt. In anderen Fällen
waren auch die Eltern nicht fähig, das Schulgeld weiterhin
aufzutreiben. Wir haben dennoch jedem Mädchen versucht, Mut zu
zusprechen, weiterhin die Schule zu besuchen, sofern es ihnen möglich
ist. Doch auch die Eltern waren nicht immer so ganz begeistert von
dem Gedanken; es gibt Eltern, die ihr Kind lieber verheiraten würden,
sei es um ein bisschen Geld zu bekommen oder weil sie der Ansicht
sind, dass ein Mädchen oder gerade ihr Mädchen in der Schule nichts
taugt.
Da wir einerseits in
Schulen unterwegs sind aber auch das YFC (Youth Friendly Center, das
Jugendzentrum) ein Lernzentrum sein soll, in dem wir mit den
Jugendlichen über sensiblere Themen sprechen wollen, haben wir bei
unserem Chef nach „Gendertrainings“ angefragt. Jede Woche wollen
wir uns einmal zusammensetzen und über Themen wie die Rolle der
Frau, aber auch allgemein Sexualität oder HIV/Aids reden. Es ist
ziemlich spannend zu sehen, was es bei diesen Themen für
Unterschiede in Sambia und Deutschland gibt. Beim ersten Training war
unsere Mentorin Lillian auch dabei, die uns erklärte, dass z.B.
Mädchen bei verschiedensten Problemen immer zu erst mit ihren Omas
darüber reden, bevor es irgendwer sonst erfährt. Unsere Gespräche
in dem Rahmen werden mir auf jeden Fall helfen, wenn wir mit den
Jugendlichen solche Diskussionen führen werden, weil ich nicht nur
von meiner kulturell geprägten Sichtweise darauf schaue, sondern
hoffentlich auch die Ansichten und Prägungen der Jugend hier
verstehen kann.
Letzten Mittwoch
wurden wir von unserem amerikanischen Studentenfreund Justin zu sich
nach Hause zum Abendessen eingeladen. Er wohnt bei einer Gastfamilie
im Dorf Nkandabwe, das mit dem Fahrrad ca. eine halbe Stunde von uns
entfernt liegt. Also machten wir uns gespannt auf den Weg, denn einen
Einblick in das Leben einer sambischen Familie haben wir vorher noch
nicht wirklich gehabt.
Die Gastfamilie, die
Justin ein Zimmer vermietet, besteht aus einem Mann mit seinen vier
Frauen und einigen Kindern, die ich nicht so recht zuordnen konnte.
Polygamie ist hier ziemlich weit verbreitet und deshalb war das auch
nicht sonderlich überraschend für mich.
Justin hatte uns
schon erzählt, dass Männer und Frauen immer getrennt voneinander
essen. Ein wenig zu unserer Enttäuschung wurden wir aber als
besondere Gäste und Justins Freunde „nur“ zusammen mit dem Vater
und Justin an einen Tisch gesetzt. Wie uns Justin auch hinterher
berichtete wurde für uns wohl ein ganz schöner Aufwand betrieben,
begonnen mit einem kleinen Tisch mit Tischdecke, über Gläser statt
Plastikbechern bis hin zu Rindfleisch und Hühnchen als Beilage zum
Nshima, wo normalerweise nur vegetarisch gegessen wird.
Als kleines
Gastgeschenk haben wir Orangen, Bananen und Äpfel mitgebracht,
worüber sich die Frauen ziemlich gefreut haben, da sie nicht oft an
frisches Obst rankommen. Unsere Tongakenntnisse konnten wir so auch
ein bisschen unter Beweis stellen, denn zwei der vier Frauen sprechen
nur sehr wenig bis gar kein Englisch. Es war natürlich etwas holprig
und anscheinend ist auch unsere Aussprache ziemlich belustigend, aber
wir haben es immerhin geschafft, ein (sehr) kurzes Gespräch zu
führen!
Das alles fand
unterm klaren Sternenhimmel statt. Das Gelände der Familie ist so
aufgebaut, dass die Ziegelsteinhäuser in einer Art Kreis
zusammenstehen. In der Mitte ist viel freie Fläche und ein
Küchenhaus aus einem Holzgestell mit Strohdach. Dort haben wir dann
auch gegessen. Der kleine Einblick, der uns gewährt wurde, war
ziemlich spannend. Wir haben uns auf Tonga für das Essen bedankt und
bevor wir die Fahrt Richtung zu Hause angetreten sind wurde uns noch
einmal ans Herz gelegt, dass wir immer herzlich Willkommen sind und
sie sich über einen nächsten Besuch sehr freuen würden. Mal sehen,
wann es soweit ist!
An den Wochenenden
sind wir in letzter Zeit viel unterwegs gewesen und haben einiges
Neues in uns schon bekannten Städten entdecken können. Da in den
letzten vier Wochen alle fünf meiner Brot für die
Welt-Mitfreiwilligen Geburtstag hatten, haben wir es uns nicht
entgehen lassen, sie in ihren Einsatzstellen zu besuchen. In Kafue,
wo Niklas und Lukas in einem Jungsinternat arbeiten, haben wir den
nahe gelegenen Kafue-River mit einer Bootstour erkundet und konnten
dabei auch die Stelle sehen, an der die Jungs mit ihrem
Handerwerkerteam der Schule versuchen, eine neue Pumpe für die
Schule zu bauen.
Auch in Choma wurden
wir einmal durch das Ausbildungszentrum Chodort, in dem Jakob
mitarbeitet, rumgeführt, in dem die Auszubildenden
Computerunterricht bekommen, sie nähen lernen oder auch Aufträge
bearbeiten, bei denen sie alles mögliche aus Holz bauen (wir haben
Betten, Stühle und Schränke in allen Ausführungen gesehen). Bei
Mayleen im Mädcheninternat haben wir uns das ganze Schulgelände
angesehen und einen kleinen Eindruck davon bekommen, was es heißt,
in Sambia zur Schule zu gehen.
Falls euch
interessiert, wie die Arbeit und das Leben in den verschiedenen Orten
Sambias aussieht und ihr mehr über ihre Projekte erfahren wollt,
verlinke ich euch die Blogs von ihnen hier unten:
Das es jetzt doch
tatsächlich schon November ist, ist bei mir noch nicht so ganz
angekommen. Das Wetter gibt mir ganz schöne Sommergefühle und
dennoch sind jetzt drei Monate meines Freiwilligendienstes schon rum.
Als kleiner Zwischenstand kann ich sagen, dass ich mich mit jedem Tag
ein wenig wohler fühle. Die Arbeit macht mir sehr viel Spaß, und
dadurch, dass ich so langsam richtig ankomme, habe ich immer mehr
Motivation, das Jugendzentrum voranzubringen und mich im GEPP Projekt
einzubringen. Ich bin dankbar für Susanne, mit der ich mich sehr gut
verstehe. Ich habe das Gefühl, offen über alles reden zu können
und das erleichtert unser Zusammenleben ungemein. Von der sambischen
Kultur erschließen sich mir gefühlt jeden Tag neue Aspekte, die ich
vorher nicht gesehen oder vielleicht auch ignoriert habe und auch
wenn ich dadurch ab und zu mal in ein Fettnäpfchen getappt bin,
konnte ich daraus lernen. Mit Vorfreude schaue ich auf die nächsten
Monate und möchte mich in diesem Sinne einmal ganz herzlich bei
allen bedanken, die mich bei diesem Projekt unterstützen. Erst
dadurch ist dieser Austausch möglich und ich bin sehr dankbar für
die Möglichkeit, die mir dadurch geschenkt wurde. Danke!
Damit einen sonnigen
Gruß,
Pia
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