Endlich zu Hause
Oft schon wurde uns
unser neues Heim beschrieben. Als ich jedoch tatsächlich in der
neuen Umgebung angekommen war, die staubige Auffahrt zum ersten Mal
hinaufgefahren bin und schließlich selbst vor unserem zu Hause für
das kommende Jahr stand, sind alle vorigen Vorstellungen, die sich
mit jedem kleinsten Detail einer weiteren Erzählung immer mehr
erweitert und verfestigt haben, mit einem Mal verblasst und ein ganz
neues Bild tat sich vor mir auf.
Unser Haus ist für
eine erste eigene Wohnung ein wirklich komfortables Teil, und auch
verglichen mit den sambischen Standards, wo Kühlschrank und
Spültoilette nicht immer zu finden sind, wohnen wir wirklich
luxuriös. Neben unserer Küche mit Kühlschrank und Backofen, einer
Toilette und einer festen Duscheinrichtung haben wir auch ein
Wohnzimmer, drei Schlafzimmer und einen kleinen Kabuff. Mein
Highlight ist aber unsere überdachte Terrasse, die einen schönen
Blick auf die Hühner unserer Nachbarn, aber auch einen kleinen Blick
ins Tal erlaubt. Wenn man ganz genau hinhört, kann man samstags und
sonntags auch vereinzelte Gesangsfetzen erhaschen, die von den
Gottesdiensten weiter unten im Tal zu uns herübergeweht werden. Wie
sich der Gesang wohl in der Kirche anhört...
Allerdings gibt es
auch nicht viel, was den Gesang aufhalten könnte, denn wir wohnen
sehr weit auf dem Land. Auf unserem kleinen Campus bei KDF stehen
zwar einige Häuser, in denen die ungefähr 14 Mitarbeiter wohnen,
doch wenn man sich ein wenig davon entfernt und auf den nächst
gelegenen Hügel steigt, sieht man die Weite unserer Umgebung.
Vereinzelt erkennt man in der hügeligen Landschaft Backsteinhäuser,
ansonsten sehr viele Gebüsche, Bäume und Ziegenhorden, die bei
ihren Wanderungen den Staub aufwirbeln und das zur Zeit sehr trockene
Land (wir befinden uns in der Trockenzeit) in einen beigen Nebel
hüllen.
Es ist ein wirklich
schönes Landschaftsbild, durch das sich auch nur eine Straße zieht,
nämlich die, die die etwas größeren Orte Batoka und Maamba
miteinander verbindet (Batoka/Maamba Road) und auf dessen ungefähren
Hälfte unser kleines Örtchen, Sinazeze, liegt.
Eine Verbindung aus
all diesen Eindrücken: der Umgebung, unseres Hauses an sich und der
Atmosphäre, die hier auf dem Campus herrscht, hat ein ganz eigenes
Bild in meinem Kopf geschaffen, dass ich nur schwer beschreiben kann.
Aber ein ganz eigenes Bild hat nun wahrscheinlich jeder im Kopf.
Allmählich bin ich
auch mental angekommen und der Alltag ist in unser Haus eingezogen.
Das routinierte Aufstehen gegen 8 Uhr, das gemeinsame Frühstück auf
unserer Terrasse mit perfektem Blick auf die aufgehende Sonne und die
vorbeilaufenden Ziegen, die uns mit ihrem Geblöke begrüßen, ist
für mich zwar immer noch jeden Morgen aufs Neue wunderschön, aber
in einer gewissen Hinsicht schon zur Gewohnheit in einem sehr guten
Sinn geworden.
Was danach passiert,
ist von Tag zu Tag verschieden. Unter der Woche hatten wir die
letzten Wochen jeden Morgen zwei Stunden Sprachunterricht.
Tonga an sich ist
eine nicht allzu schwierige Sprache, wurde uns zumindest von allen
Einheimischen versichert, und das Vokabeln-auswendig-lernen
beanspruchte bisher nicht allzu viele Fähigkeiten. Als wir jedoch
anfingen, „simple sentences“ zu bilden, sah das ganze schon ein
wenig anders aus. Irgendwie gibt es keine wirklich übergreifenden
Regeln, wie man Verben in unterschiedlichen Zeiten anpasst. Mal wird
dieselbe Vorsilbe für die Zukunft verwendet, mal für die
Vergangenheit. Da Mr. Chimpati, unser Lehrer, eigentlich
Grundschullehrer für Tonga ist, fällt es ihm schwer, uns
irgendwelche Regelmäßigkeiten zu erklären.
Glücklicherweise
haben wir einen amerikanischen Studenten kennengelernt, der zur Zeit
in unserer Nähe wohnt, seine Tongakenntnisse noch vertiefen will und
deshalb zusammen mit uns den Unterricht besucht. Dadurch, dass er
viel Kontakt zu den Tonga aufgrund seiner Recherchen für seine
Doktorarbeit hat und schon zweimal zuvor in Sambia war, hat er sich
selbst ein paar Regeln hergeleitet und ist uns eine wirklich gute
Stütze, wenn wir Verständnisschwierigkeiten haben.
Der Sprachunterricht
findet ab jetzt „nur“ noch montags statt, denn jetzt ist es an
uns, uns weiter rein zu hängen, um vielleicht sogar mal eine
richtige Konversation führen zu können.
Nach dem Unterricht
ging es für Susi und mich dienstags und donnerstags am Nachmittag
für drei Stunden ins Jugendzentrum. Bisher haben wir noch keine
besonderen Aktivitäten geplant, sondern die Kinder und Jugendlichen
der Umgebung einfach kommen lassen, viel mit ihnen geredet, soweit
wir mit Englisch weiterkamen, und mehr noch mit ihnen gespielt, was
sehr viel Spaß gemacht hat. Für die kommenden Wochen schmieden wir
jedoch schon Pläne, um etwas Abwechslung rein zu bringen, und vor
allem auch etwas für die älteren Jugendlichen anzubieten, die zur
Zeit eher selten zu sehen sind.
Als ersten Schritt,
um ein paar Jugendliche zu motivieren, haben wir schon einen
Schulbesuch hinter uns, bei dem wir uns und auch das Jugendzentrum,
das in jeder Klasse erst ungefähr drei bis sechs Besucher hatte, den
Schülerinnen und Schülern vorgestellt haben. Ob wir damit ein paar
Leute überzeugen konnten, zeigt sich in den nächsten Wochen.
In unserer Freizeit
haben wir eigentlich immer was zu tun, doch das ist nie so wichtig,
als dass es nicht auch verschoben werden könnte.
Da wir für uns
selbst kochen, stehen wir entweder mittags oder abends in der Küche,
damit es einmal am Tag warm gibt. Auch Wäsche waschen nimmt viel
mehr Zeit in Anspruch, als wir gedacht hätten. Alle paar Tage
waschen wir einen kleinen Haufen Klamotten, was schon mal zwei bis
drei Stunden dauern kann. Und jedes Mal, wenn wir uns felsenfest
vorgenommen haben, endlich mal unser Haus tiefen zu reinigen, wurden
wir entweder zum Fußball gucken (auf einem staubigen großen Platz,
wo das Spiel auch mal unterbrochen werden muss, da Hühner über das
Spielfeld laufen) oder kochen eingeladen, was jedes Mal in einer
Ganztags-Aktion endete. Richtige Langeweile kam dabei noch nicht
wirklich auf.
Da wir am Donnerstag
spontan unsere doch schon fertigen work permits in Lusaka abholen
mussten, haben wir uns nach zwei Übernachtung in der Gossner Mission
dazu entschieden, das Wochenende noch bei Mayleen in Choma zu
verbringen, was wirklich eine angenehme Abwechslung zu unserem
Dorfleben war. Nicht so überfüllt und dreckig wie an vielen Stellen
Lusakas war Choma für mich einerseits ein Rauskommen aus dem
Großstadtgewimmel, und trotzdem eine gute Möglichkeit, unter
Menschen zu kommen. Zudem war es unser erster „richtiger“
Ausflug, den wir seit unserer Ankunft unternommen haben.
Nun wieder zu Hause
angekommen, freue ich mich auf die bevorstehende Woche, denn egal wie
sehr wir die Tage auch durchplanen, meistens passiert irgendetwas
Unerwartetes, was uns viel Spontanität abverlangt, aber bisher immer
Schwung in unseren routinierten Alltag gebracht hat.
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